July 2013
„Natürlich helfe ich!“ heißt es oft spontan. Und in der Tat ist es „natürlich“, Opfern von Kriegen, Vulkanausbrüchen, Wirbelstürmen oder anderen Katastrophen zu helfen. Da hatte Arthur Schopenhauer sicherlich recht: Menschen helfen aus Mitleid und bedürfen keiner Moralpredigt oder anspruchsvoller Ethik, um den Leidenden die Hand zu reichen. Doch neigen Menschen ebenso „natürlich“ zum Gegenteil, nämlich zum Ausbeuten der Ärmsten, wie uns der Prophet Amos vor beinahe 3000 Jahren schon berichtet hat:
Am 8, 4-7
4 Hört dieses Wort, die ihr die Schwachen verfolgt und die Armen im Land unterdrückt.
5 Ihr sagt: Wann ist das Neumondfest vorbei? Wir wollen Getreide verkaufen. Und wann ist der Sabbat vorbei? Wir wollen den Kornspeicher öffnen, das Maß kleiner und den Preis größer machen und die Gewichte fälschen.
6 Wir wollen mit Geld die Hilflosen kaufen, für ein paar Sandalen die Armen. Sogar den Abfall des Getreides machen wir zu Geld.
7 Beim Stolz Jakobs hat der Herr geschworen: Keine ihrer Taten werde ich jemals vergessen.
Antonia hat Amos gelesen. Hören wir ihre Geschichte.
Antonia ist Beterin und Seherin. Sie schart Hilfs-bedürftige aller Art um sich, Menschen, die in modernen Ländern zum Arzt oder zum Psychologen gehen würden. Sie erhalten bei Antonia kostenlos Hilfe, bringen vielleicht ein paar Kerzen oder Weihrauch mit, danken, indem sie nach ihrer Heilung weiter zu den Gebeten erscheinen und anderen Leidenden Trost spenden. Wer begütert ist, wird Antonia materiell unterstützen, nach eigenem Ermessen. Franzosen, die sie — beeindruckt von ihrer Hilfe — nach Frankreich eingeladen hatten, glaubten die Antwort auf die Frage „Kann man denn gar nichts tun?" gefunden zu haben. „Wir haben doch hier in den Großstädten die ,Restos du cœur‘, in denen Bedürftige eine einfache Mahlzeit erhalten. Das wäre doch genau das Richtige für die zahlreichen Hungernden bei Euch. Wir haben 10.000 € gesammelt. Damit könnt Ihr doch starten!“ Antonia war — erschrocken.
„Danke, aber Geld ist vom Teufel!“
„Vom Teufel, wenn wir helfen?“
„Vom Teufel, denn Ihr ahnt ja gar nicht was passiert, wenn eine solche Summe auftaucht!“
„Du richtest ein Restaurant ein, beschäftigst Frauen, die Arbeit suchen, als Köchinnen und schon läuft die Hilfe.“
„Und schon ist der Teufel los, denn plötzlich ist jeder ,arm‘ und bittet um Suppe, anstatt sich selbst anzustrengen.“
„Dann stellt noch ein paar starke Männer ein, die eine Auswahl treffen; oder gebt Ausweise aus.“
„Ausweise lassen sich zu Geld machen und die Zurückgewiesenen werden zum ,Marabout‘ gehen, um für die Familien der ,starken Männer‘ ein Unglück zu bestellen. Oder die Männer lassen sich ihre Auswahl heimlich bezahlen und die Frauen zweigen etwas für die Familie ab.“ Antonia hat das Geld nicht angenommen.
„Aber es gibt doch Beispiele für erfolgreiche Hilfe“! In der Tat, doch die Bedingungen sind sehr streng. Ein Freund von uns hat in der EU Hilfsfonds angesprochen und tatsächlich das Geld für eine Primarschule zusammenbekommen. Kaum hatten die Bauarbeiten begonnen, gab es auch schon das erste Rendez-vous mit dem Teufel. Auf maliziöse Weise verschwand immer wieder Material, der Bau geriet bald ins Stocken. Ermahnungen und Diskussionen fruchteten nicht, denn sie wurden als willkommene Einladung zur Übung in Rhetorik aufgefasst. Der Teufel hat für Jesus ja sogar die Bibel zitiert. Erst als unser Freund sich entschied, vor Ort zu bleiben und Tag für Tag die Bauarbeiten zu überwachen, ging es mit dem Bau wieder voran. Kennen Sie also eine wirklich verlässliche Person vor Ort? Ist diese Person bereit, die Hilfe täglich zu betreuen? Dann können Sie in der Tat Hilfe wagen — ohne Erfolgsgarantie.